Myco.Run: Alternative Materialien und Prozesse in der Schuhproduktion
Ein regenerativer Ansatz für das Design von Laufschuhen unter Verwendung von Verbundwerkstoffen auf Myzelbasis und additiver Fertigung.
Kann ein Laufschuh selbst wachsen?
Recherche und Problemdefinition
Ein Standard-Laufschuh besteht aus über 12 verschiedenen Materialien: EVA-Schaumstoff, TPU-Überzügen, synthetischem Mesh, Gummi-Außensohlen und Industrieklebstoffen. Diese komplexe Materialmischung bringt erhebliche Herausforderungen mit sich: Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen, Produktionsabfälle und nahezu unmögliches Recycling am Ende der Lebensdauer.
Bestandteile eines Schuhs
Herkömmliche Laufschuhe
- Gummi 110 g
- Synthetische Textilien 56 g
- Synthetisches Filz 41 g
- Kunststoff 12 g
- Performance Textilien 8 g
- Mesh 5.6 g
- Schäume 5 g
- Sonstiges 4.4 g
Gesamt: 242 g
Myco.Run
- Myzel 80 g
- Bambus 30 g
- Hanffilz 5 g
Gesamt: 115 g
Die Schuhindustrie hat damit begonnen, sich grundlegend mit nachhaltigen Materialien wie recycletem Polyester oder bio-basierten Schäumen auseinander zu setzen, Studien und Konzepte zur Fertigung werden dabei aber vernachlässigt, oder stützen sich auf rezyklierbare Kunststoffe, die dennoch aus Rohöl hergestellt werden. Myco.Run schließt diese Lücke, indem es ein regeneratives, monomaterielles System vorschlägt, das auf biologischem Wachstum statt auf industrieller Fertigung basiert.
Wir schreiben das Jahr 2035, nach der Pandemie, postindustriell, mit lokalisierten Lieferketten und Kreislaufwirtschaft, sieht Myco.Run Schuhe nicht als Fertigprodukt, das weltweit versandt wird, sondern als lebendes Material, das lokal vom Nutzer angebaut wird.
Materialvergleich regulärer multimaterieller Laufschuhe im Vergleich zum monomateriellen Myco.Run
Materialforschung
Myzel verstehen
Myzel, die Wurzelstruktur von Pilzen, bildet dichte, faserige Netzwerke, die Leder, Schaumstoff und Verbundwerkstoffe ersetzen können. Unternehmen wie Ecovative und MycoWorks haben die Eignung von Myzel für Verpackungen und Mode bewiesen, aber seine Anwendung in Performance Schuhen ist noch weitgehend unerforscht.
Ich habe Materialexperimente durchgeführt, um das Wachstumsverhalten, die strukturellen Eigenschaften und das Integrationspotenzial von Myzel in der additiven Fertigung zu verstehen. Zu den wichtigsten Herausforderungen gehörten die Kontaminationskontrolle, eine gleichmäßige Dichte zu erreichen und das gerichtete Wachstums herzustellen.
Wichtigste Erkenntnis: Durch die geplante Beimpfung bestimmter Bereiche innerhalb einer parametrischen Gitterform kann die Myzeldichte kontrolliert werden, wodurch eine weichere Dämpfung im Fersenbereich und eine festere Stütze im Mittelfußbereich erzielt werden kann und bestimmte Bereiche mit mehr oder weniger Flexzonen versehen werden können.
Mikroskopansicht einer Myzelstruktur mit ihren Hyphen
Erste "Air"-Myzel Wachstumstests
Myzel wuchs durch den Kunststoffcontainer und fixierte diesen
Shore Dichtemessung von reinem Myzel im Vergleich zu herkömmlichen Laufschuhen
Through iterative testing, I developed a growth protocol where:
- Mycelium substrate fills an additively manufactured lattice mold
- Grid spacing determines material density (wide = dense cushioning, narrow = flexible zones)
- Growth occurs over 7–10 days at controlled temperature and humidity
- The material naturally bonds to textile and bamboo components without adhesives
Konzeptentwicklung
Von der Forschung zur Form
In frühen Designiterationen wurden drei konzeptionelle Richtungen untersucht:
Caged — Ein Exoskelett, gefüllt mit Myzel-Substrat
Bonded — Verflochtene Komponenten, die durch Myzelintegration zusammenwachsen
Grown — Ein ganzheitlicher Ansatz, bei dem Obermaterial und Sohle sich zu einem Organismus entwickeln
Das finale KonzeptMyco.Runfasst diese Ansätze zu einem, vom Nutzer gewachsenen System zusammen.
Caged Moodboard and Strukturschema
Caged Rendering
Caged Konzeptskizzen und CAD Design
Erster Prototyp von "Caged"
Erster Prototyp von "Caged"
Erster Prototyp von "Caged"
Erster Prototyp von "Caged"
Bonded: Moodboard and Strukturschema
Bonded Konzeptskizzen
Bonded erste Renderings
Bonded erste Renderings
Grown Moodboard and Strukturschema
Grown Konzeptskizzen und Konstruktionsschema
Das endgültige Konzept, Myco.Run, fasst diese Überlegungen zu einem vom Nutzer entwickelten System zusammen.
Mycorun: Erster Prozessprototyp vor der Beimpfung
Mycorun: Erster Prozessprototyp in der Wachstumsphase
Automatisierte Personalisierung
Der Produktionsprozess beginnt nicht in einer Fabrik, sondern beim Nutzer:
Laufanalyse eines "Heel-Strikers"
Der Prozess als Schema
Finales Design
User Journey
Myco.Run Grow-Kit
Myco.Run Grow-Kit
Homegrown Myco.Run Schuh
Homegrown Myco.Run Schuh
Reflexion und Erkenntnisse
Erkenntnisse zum Design
Myco.Run begann als Material-Studie, bei der EVA durch Myzel ersetzt werden sollte. Aus Materialforschung entwickelte sich eine systemische Neukonzeption der Schuhproduktion. Die wichtigsten Erkenntnisse ergaben sich nicht aus dem Material selbst, sondern aus dem Prozess, den es ermöglicht:
Relevanz für Performance Footwear
Obwohl es sich um Spekulationen handelt, befasst sich Myco.Run mit realen Herausforderungen, denen Marken wie adidas gegenüberstehen: Materialinnovation, Lokalisierung der Lieferkette und Anforderungen der Kreislaufwirtschaft. Das Projekt zeigt, wie biologische Materialien und parametrische Fertigung mit Leistungsanforderungen vereint werden können. Ohne Kompromisse, sondern als Mehrwert und gegenseitiger Ergänzung.
Zukünftige Entwicklungen könnten folgende Bereiche untersuchen:
- Myzel-Verbundmischungen für verbesserte Haltbarkeit
- Digitale Plattformen, die Ganganalysen mit der automatisierten Formgenerierung verbinden
- Partnerschaften mit urbanen Landwirtschaftsnetzwerken für die Substratproduktion
- Integration mit bestehenden Stricktechnologien (Primeknit, Flyknit)